Vortrag Thema 15: Transition to the Information Age; Die Virtualisierung des Krieges

 

Von Hagen Steidelmüller

 

 

Titel :

A Revolution in Military Affairs

 

Oder

 

Wie die Armeen des 21-ten Jahrhunderts aussehen könnten.

 

Einführung

Gestern und Heute

Das moderne Militär

Quelltexte

 

 

Im nachfolgenden wird ausschließlich nur auf die Entwicklung des amerikanischen Militärs eingegangen. Auch in Europa lassen sich ähnliche Ansätze finden, nur sind sie doch bei weitem noch nicht so stark wie in den USA.

 

 Einführung ( Titel)

 

Mit der stetig voranschreitenden Entwicklung der Menschheit in den Bereichen Technik, Medizin, Wissenschaft, Politik und Staat kam auch die Veränderung des Krieges, als Mittel der Auseinandersetzung zwischen 2 Staaten.

 

Und von jeher waren Technik und Krieg untrennbar miteinander vereint. Es gewann meist nur derjenige, dessen Seite die besten technischen Mittel in entsprechender Menge zur Verfügung standen.

 

Das ist auch der Grund, warum Krieg eines der zumindest dem technischen Fortschritt zuträglichsten Ereignisse ist, wenn auch nicht aus humanitären Aspekten.

 

Nichts desto trotz galt noch im letzten Jahrhundert Masse statt Klasse und Feuerkraft = Macht.

 

Aber dieser Aspekt ändert sich nun.

 

Dass technische Überlegenheit einen Großteil des Massevorteils wettmachen kann, bewies sich bereits im 2. Weltkrieg, in dem es Deutschland gelang, einen nicht zu gewinnenden Krieg im Prinzip gegen die gesamte Welt über 6 Jahre hinweg zu führen.

 

Viele moderne Geräte und Maschinen fanden damals ihren Ursprung in den Köpfen der Militärwissenschaftler (Rakete, Düsentriebwerk, Computer, Radar).

 

Aber auch in diesem Krieg mussten die Kommandeure große massive Fronten oft über Tausende von Kilometern hinweg aufstellen, da mit den veränderten technischen Bedingungen (schnelle motorisierte Verbände) oft ein Einfallen des Feindes in ungesicherte Flanken zu bedenken war.

 

Die Hauptsorge dieser Kommandeure waren die Unsicherheiten über Truppenstärken und genaue Positionen des Feindes, die mit den damaligen Aufklärungsmitteln nicht zu beseitigen waren.(Fog of War)

 

So war bereits damals die Information, das Wissen ein kostbares Gut.

 

Gestern und Heute ( Titel)

 

 

Meiner Meinung nach ausschlaggebend  für die Weiterentwicklung der Kriegskunst war die radikal veränderte politische Situation nach dem 2. Weltkrieg.

 

2 Supermächte mit dem mehrfachen Potential zur völligen Vernichtung der Menschheit standen sich Kopf an Kopf gegenüber und warteten darauf, dass der andere den ersten Schritt tun würde.

 

Ein Machtspiel, was es in diesem Ausmaß in der Geschichte noch nie gegeben hatte.

 

Mehr denn je rückte die bloße Information über den anderen in den Blickwinkel des Interesses, zumal offene militärische Aktionen verheerend verlaufen wären.

 

Dieser Patt-Situation förderte ein Umdenken in den Köpfen des Militärs und der Politik.

 

Aus Feuerkraft = Macht wurde Wissen= Macht, denn nur wer seinen Gegner genau kennt, weiß was er tut, tun wird, kann entsprechend darauf reagieren.

 

Zudem kam das Debakel in Vietnam, in dem die USA trotz der meist besseren waffentechnischen Ausrüstung aufgrund von Aufklärungs- und Koordinationsschwierigkeiten eine schwere Niederlage einstecken mussten.

 

Seit dieser Zeit ist auch die amerikanische Öffentlichkeit immer weniger dazu bereit, eigene Verluste an Soldaten hinzunehmen.

 

Eine andere Form des Krieges musste entwickelt werden, und in ihrem Mittelpunkt sollte die Ressource Information stehen.

 

Auch nach Wegfall des Ostblocks fand diese Entwicklung keinen Abbruch.

 

Ganz im Gegenteil: Das Konzept der Informationsgewinnung wurde weiter ausgearbeitet und zum aktuellen Leitbild "Revolution in Millitary Affairs" in den Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen des Pentagons.

 

Bereits im Golfkrieg 1991 wurde der sogenannte "Comand and Control Warfare" (kurz C2-Warefare) eingesetzt.

 

Ihr Ziel war es, direkt Entscheidungsfindungsprozesse des Gegners zu beeinflussen.

 

Bewerkstelligt wurde dies über gezieltes Bombardement von Sendemasten, Telefonzentralen, aber auch Brücken und Kommandobunkern.

 

Die irakischen Truppen wurden so von ihren befehlenden Instanzen abgeschnitten und waren handlungsunfähig.

 

"Mit Informationsüberlegenheit wird nicht mehr nur die Beherrschung des elektromagnetischen Spektrums, sondern der gesamten Informationssphäre angestrebt."

 

Ein weiterer Schritt zur Verwirklichung der Idee des Information Warfare war das Joint Vision 2010 (vorläufiger Entwicklungsentwurf des US-Militärs zu 2010) aus dem Jahre 1996, in dem eine evolutionäre Entwicklung des Militärs proklamiert wird.

 

Die 4 Hauptkonzepte sind:

vom Manöver zum beherrschten Manöver

à        vollständige Kontrolle des umkämpften Gebietes im Bereich Waffen und Sensoren

vom Angriff zum Präzisionsschlag

à        verfeinerter Einsatz von Spezialtruppen und ihrer Waffen

vom einfachen zum volldimensionalen Schutz

à        Schutz und Abwehrmechanismen in alle möglichen Richtungen

von der allgemeinen zur konzentrierten Logistik

à        minimal nötige Unterstützung der kämpfenden Einheiten

 

"Der Sieg im Informationskrieg ist heute eines der 5 Langzeitziele in den Modernisierungsplänen der US Army."

 

Während früher der Erfolg militärischer Einheiten am Verschieben der Frontlinie zwischen ihnen und dem Feind gemessen wurde, geht man heute dazu über, die Menge des kontrollierten Raums als Maß anzugeben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Zu diesem Zweck werden die Einheiten mobiler, kleiner und universeller.

 

In der AirLand Battle-Doktrin von 1982 wurde die Trennung von Heer und Luftwaffe zugunsten eines integrierten Boden- und Luftkampfes im erweiterten Gefechtsraum abgelöst.

 

Die Vernetzung des gesamten Militärs schreitet voran.

 

Zu den von den einzelnen Teilstreitkräften bereits entwickelten C3I-Systemen (Comand, Control, Communication and Intelligence) kam nach dem Golfkrieg ein "System of Systems" hinzu, das diese alle von oberster Instanz aus kontrolliert.

 

Das Ziel dieser Systeme ist es, den Krieg überschaubar, ja sogar berechenbar zu machen, und das alte Prinzip des Kriegsglücks auf eine Wahrscheinlichkeitsformel zu reduzieren.

 

Die Menge an Informationen macht es den Verantwortlichen oft schwer, die entscheidenden auch zu beachten.

 

Aus diesem Grunde heraus wurden Programme mit künstlicher Intelligenz wie dem AirLand Battle Manager entwickelt, die Situationen in ihrer Gesamtheit erfassen können und bereits Befehle mit Truppenbewegungen und taktischen Entscheidungen extrapolieren können, die dann nur noch unterschrieben werden müssen.

 

Die Entwicklung deutet auf voll-autonome Systeme mit eigener Entscheidungsbefugnis hin.

 

Weiterhin wird mit Visualisierungsspezilisten aus Hollywood und Silicon Valley an neuen Formen der Darstellung geforscht.

 

 

Das moderne Militär ( Titel)

 

 

In den Köpfen der Verantwortlichen spukt das Bild eines voll technologisierten Soldaten der Marke "Landwarrior Generation 2" herum mit Pocket-PC, GPS, HUD-Display im Helm mit integrierter Nacht- und Wärmebildkamera. Auf dem Helm eine Umgebungskamera.

 

Ausgerüstet mit zielsuchender Munition bekämpfen sie selbst Feinde außerhalb menschlicher Reichweiten.

 

Langfristiges Ziel ist die totale "Wegrationalisierung des Kriegers".

An seine Stelle tritt "ein Fachmann im Bedienen hochkomplexer technischer Systeme".

 

Auch werden bereits Drohnensysteme eingesetzt, die selbstständig Ziele suchen, finden und zerstören. Trauriges Beispiel im Afghanistanfeldzug: eine Gruppe von verbündeten Freiheitskämpfern wurde von solch eine Drohne ("Predator") versehentlich bombardiert.

 

Die so erstellten kleinen Kampfeinheiten agieren schnell und in Präzisionsschlägen.

(Präzisionsmunition:    

10% Golfkrieg

30% Kosovo

60% Afghanistan)

 

In Afghanistan wurden erstmals die Zielkoordinaten direkt von den Einheiten vor Ort an die Raketen weitergegeben.

 

Der längere Weg über die Einsatzzentralen wurde so umgangen.

 

Die über ausführenden Einheiten stehende Kontrollstruktur schrumpft auf ein Minimum zusammen, so dass am Ende die Chiefs of Staff (Stabschefs) zentral alle Fäden in der Hand halten.

 

Auch sie agieren interaktiv mit den Computersystemen und steuern ihre Einheiten direkt über den Draht.

 

Durch sie erhalten sie den sogenannten "God's Eye View", basierend auf den Sensorenwerten von Ort, Satellitenkameras, Abhöranlagen etc., der den Informationen des einzelnen Soldaten weit überlegen ist.

 

Der Krieg wird allgemein zugänglich und verständlich vom Ablauf, so dass die Militäroberen die Entscheidungsgewalt immer öfter mit den Politikern teilen müssen.

 

Nicht nur dort verschwimmen die Grenzen.

 

Das Schlagwort "Information Warfare" beinhaltet neben den konventionellen kriegerischen Angriffen auf Stromanlagen, Kraftwerken, Sendemasten und allgemein alle Energie-  und Kommunikationseinrichtungen auch Schläge gegen das Computersystem des Feindes, beispielsweise über Viren oder Trojaner, den sogenannten "Cyberwar".

 

Diese "Information Operations" werden auch, sogar dort erst recht, in Friedenszeiten zu Spionagezwecken eingesetzt.

 

Hackerangriffe auf empfindliche Systeme der USA-internen Behörden können daher auch als militärische Aggression gewertet werden.

 

Dabei ist es aufgrund technischer Bedingungen unmöglich, einen Unterschied zwischen einem einzelnen Täter und einer Gruppe festzustellen.

 

Aus diesen Gründen konkurriert das Militär zunehmend auch mit zivilen Nachrichtendiensten wie dem FBI in dessen ursprünglichen Zuständigkeitsbereichen, und beide Seiten übernehmen Aufgaben der anderen.

 

Eine weiterer wichtiger Begriff des Information Wars ist "Softpower".

 

Er beschreibt den Umgang des Militärs mit den meinungsbildenden Medien Fernsehen, Rundfunk und Zeitung.

 

Auch über diese Kanäle gelingt es dem Militär, seinen Informationskrieg voranzutreiben.

 

Im Golfkrieg wurden so das 6-fache an irakischen Truppen an der Küste aufgrund einer fingierten Nachrichtenmeldung über amerikanische Marineeinheiten gebunden.

 

Zudem gelingt es ihnen, das Bild von sauberen und blutlosen Einsätzen, das sich viele Leute in der Bevölkerung vom Informationskrieg aufgebaut haben, weiter zu stärken.

(Nachrichten werden vorbereitet und an CNN nur noch weitergegeben)

 

Aber "Softpower" ist noch mehr. Sie wird ebenfalls im Zusammenhang mit kultureller Dominanz oder Softwaremonopolen genannt.

 

Mit ihr wird auch die zivile Öffentlichkeit zum Kampfraum.

 

Überhaupt wandelt sich die ganze Zielstellung des Krieges.

 

Aus dem "Krieg folgt, wenn die Politik versagt hat" wird ein "Krieg ist ein Mittel der Politik". (meinungsbildend)

 

Während es in früheren Auseinandersetzungen oft noch um territoriale Hoheit und Machtausübung ging und dabei Krieg gegen den Körper des Gegners geführt wurde, ist heute sein Geist das Ziel.

 

"Die Selbst- und Umweltwahrnehmung des Gegners soll so strukturiert werden, dass er dem amerikanischen Willen folgt, ohne mit Gewalt gezwungen zu werden."

 

Wenn der Gegner von selbst einsieht, dass er falsch liegt, muss er auch nicht mehr getötet werden.

 

Das suggeriert dem unbeteiligten Beobachter die Vorstellung eines unblutigen Krieges.

 

Ob dies auch wirklich so ist, bleibt oft aufgrund der Medienhoheit des Militärs im verborgenen.

 

Das, was die Amerikaner aus den Kriegen der letzten Jahrzehnte gelernt haben, lässt sich am besten mit folgendem Zitat sagen.

 

"Den American Way of Life verbreitet man besser mit MTV und dem Internet als mit Bomben und Besatzungstruppen."

 

Quellen (Titel)

Ralf Bendrath

Militärpolitik, Informationstechnologie und die Virtualisierung des Krieges

à http://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/fogis/fogis-ap1.rtf

            Postmoderne Kriegsdiskurse

àhttp://userpage.fu-berlin.de/~bendrath/fogis/fogis-ap1.rtf

Richard Darilek et al.  

Transitioning to the Information Age

àhttp://www.rand.org/publications/MR/MR1155/MR1155.ch5.pdf

Thomas Kleine-Brockhoff     

Quantensprung im Kriegshandwerk

            àhttp://www.zeit.de/2002/08/Politik/200208_militaerpolitik.html